Neu in der Schulsozialarbeit? Mit unserem Seminar unterstützen wir Sie praxisnah. Sie erhalten zum einen wertvollen Input, können sich zum anderen einbringen, ausprobieren und vernetzten.

Vertrauen der Kinder und Eltern, tiefe, berührende Einblicke in deren Lebenswelten, große Gestaltungsfreiheit und vielfältige Handlungsfelder machen die Besonderheiten des Berufes von Schulsozialarbeiter*innen aus. Erhalten Sie in dem Interview mit den beiden Dozentinnen Sonja Gebauer und Franziska Bercht einen spannenden Einblick in den Kosmos Schule und speziell in die Schulsozialarbeit.

 

Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, dann gab es die Lehrer*innen, den Rektor, die Sekretärin und den Hausmeister. Auch wenn bereits damals Schule nicht nur ein Lern-, sondern auch ein Sozialort war, gab es in den letzten Jahrzehnten starke Veränderungen: aus G9 wurde G8, dazu kommen integrierte Schulformen, Inklusion, Individualisierung des Unterrichts, neue Lernmethoden. Die Schülerschaft wird vielfältiger, die pädagogische Arbeit anspruchsvoller. Spätestens seit dem Digitalisierungsschub durch Corona, wünschen sich viele Schulen eine*n IT-Administrator*in, aber auch Unterstützung in der Verwaltung und ein Betreuungsteam. Auch in Deutschland brauchen wir an den Schulen multiprofessionelle Teams und dazu gehören auch Schulsozialarbeiter*innen. Da der Bedarf höher ist als der Bestand bieten wir zusammen mit den Dozent*innen Sonja Gebauer und Franziska Bercht eine Fortbildung für Neu- und Quereinsteiger*innen in die Schulsozialarbeit an.

PAS: Was macht Ihrer Meinung nach eine „gute“ Schule aus?

Sonja Gebauer: Eine „gute Schule“ ist in meinen Augen eine Schule, in der die dort arbeitenden Erwachsenen verinnerlicht haben, dass die Schule ein Lebensort ist, an dem die Kinder sehr viel Zeit verbringen. Neben Mathe, Deutsch und Englisch sollten Sie auch die Möglichkeit bekommen, entsprechend ihrer Interessen gefördert zu werden und ihre Persönlichkeit zu entwickeln.

Mittlerweile arbeiten verschiedene Professionen an der Schule. Wenn diese aus ihrenunterschiedlichen Perspektiven den Blick auf das richten, was das einzelne Kind oder auch Kindergruppen bis hin zu ganzen Klassen, brauchen und in der momentanen Situation zusammen überlegen, was an Unterstützung notwendig ist und wer das übernehmen kann, ist schon mal ein guter Schritt getan. Außerdem braucht es Erwachsene, die bereit sind, sich auf Beziehungen einzulassen und die Lust darauf haben, Schule zu gestalten.

Franziska Bercht: Damit eine „gute Schule“ gelingen kann, braucht es aus meiner Sicht gute Rahmenbedingungen. Dazu zählen angemessene finanzielle, räumliche und personelle Ressourcen sowie eigene Steuerungsmöglichkeiten diese einzusetzen. Menschen mit einer gemeinsamen pädagogischen Haltung sowie der Bereitschaft, gemeinsam in Beziehung und in Entwicklung zu bleiben und den Status Quo auch mal kritisch zu hinterfragen. Ich freue mich, wenn ich von Kindern oder Jugendlichen höre: „Ich gehe gerne in die Schule, weil ich dort meine Freunde treffen kann, weil ich mich einbringen und mitgestalten kann.“. Oder wenn Eltern erzählen: „Mein Kind lernt dort gerne, fühlt sich sicher und in Konfliktsituationen haben wir Ansprechpartner und finden Unterstützung.“ Dann hat die Schule, bzw. die Fachkräfte, die dort zusammen arbeiten doch schon sehr „gute“ Arbeit geleistet.

PAS: Handlungsfelder in der Schulsozialarbeit gelten als vielfältig und heterogen, können Sie auf diese etwas näher eingehen?

Sonja Gebauer (lacht): Eine Aufzählung der einzelnen Arbeitsfelder würde den Rahmen hier sprengen. Ich möchte daher gerne auf die Metapher des „Blumenstrauß“ zurückgreifen, der an jeder Schule etwas anders aussehen wird. Klar gibt es „Standart-Blumen“ die in jedem Strauß eingebunden werden. Etwa Handlungsfelder wie Einzelfallhilfe, Elternarbeit oder Klassenprojekte. Aber ob jemand ein Klassenprojekt zum Thema Übergang in die 5.Klasse anbietet oder diese Zeit lieber in die Organisation eines Schülercafés in der Pause steckt, sollte sich immer am konzeptionellen Auftrag und am Bedarf der Schule orientieren. Wichtig ist auch, dass die Schulsozialarbeiter*innen sich mit ihren eigenen Stärken einbringen können. Um im Bild zu bleiben: Meistens sind es ganz schön große Blumensträuße, die an den Schulen entstehen.

PAS: Was sind die klassischen Aufgaben von Schulsozialarbeiter*innen? Und was die neuen Herausforderungen?

Franziska Bercht: Auch wenn einige Bausteine „Klassiker“ sind - die spezifischen Aufgaben orientieren sich an den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen der jeweiligen Schule. Zunächst mal sollte Schulsozialarbeit eine verlässliche Anlaufstelle für alle Kinder und Jugendlichen an der Schule sein. Insbesondere Schüler und Schülerinnen mit individuellen Schwierigkeiten oder Bedarfen sollten mit geeigneten sozialpädagogischen Maßnahmen erreicht werden. Insofern ist ein bedeutsames Arbeitsfeld die Einzelfallhilfe.

Daneben sind präventive Angebote mit Gruppen oder ganzen Klassen; sowie Angebote, die die Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen berücksichtigen und diese in den Lebensraum Schule einbinden oder den Kindern und Jugendlichen Orte im Sozialraum eröffnen, von großer Bedeutung. Es gibt eine enorme Themenvielfalt unter dem Label „Schulsozialarbeit“ - den Blumenstrauß so zu ordnen, das er bedarfsgerecht zur Schule und auch zur eigenen Professionalität passt, das kann - grade wenn man erst kurz an der Schule arbeitet - sehr herausfordernd sein. Und manchmal braucht es auch den Mut nicht alle Erwartungen zu bedienen, sich anders zu positionieren, um die gegeben Ressourcen wirksam einzusetzen.

Der Umgang mit digitalen Medien und die damit einhergehenden Chancen und Risiken sind zwar nicht ganz neu - viele Schulen haben reagiert und ein Medienkonzept entwickelt. Es gibt auch wirklich sehr gute präventive Angebote für die Medienbildung. Aber es bleibt eine riesige Herausforderung mit den rasanten Entwicklungen mitzuhalten, die Kinder und Jugendlichen zu erreichen und Ihnen einen sicheren Umgang zu vermitteln.

Leider ist eine Beobachtung, dass psychische Störungen, etwa Angst- und Essstörungen oder depressive Episoden bei Kindern und Jugendlichen (oder auch bei einem Elternteil) in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben. Das wird auch in den Schulen erlebbar und es stellt im schulischen Alltag eine große Herausforderung für die Betroffenen selbst, aber auch für die Menschen die mit ihnen arbeiten, dar. Ich persönlich denke, es ist wichtig, das Thema zu enttabuisieren und Wissen über mentale und psychische Gesundheit in die Schulen zu tragen.

Aktuelle gesellschaftlichen Entwicklungen mit Themen wie Krisen und Kriegen, dem Klimawandel, Flucht und Migration, Inklusion, sexuelle Orientierung oder Gender-Themen bilden sich ja auch immer im schulischen Alltag ab. Gerade Kinder und Jugendliche erleben dies stark und empfinden eine enorme Unsicherheit. Sie brauchen dringend die Möglichkeit, darüber zu sprechen und ihren Standpunkt zu finden.

Und nicht zuletzt empfinde ich die zunehmende Kinderarmut in Deutschland als ein großes Problem - auf die die aktuelle Politik bisher keine geeignete Antwort gefunden hat. Von Chancengerechtigkeit sind wir leider noch weit entfernt.

PAS: Sie haben beide als Schulsozialarbeiterinnen gearbeitet: Wie sieht beispielsweise ein klassischer Tag als Schulsozialarbeiter*in aus?

Sonja Gebauer: Zu den klassischen Ereignissen an der Schule gehört für mich auch, dass man morgens mit einer bestimmten Idee, wie der Tag aussehen wird ankommt, und diese Idee innerhalb von fünf Minuten über den Haufen geworfen werden muss, da die aktuelle Situation andere Dinge erfordert. Was aber auch jeden Tag dabei ist, ist Zeit am Computer. In unserer Fortbildung gibt es auch einen Teil, in dem wir uns mit den Wochenstrukturen der Teilnehmer*innen beschäftigen. Es ist nämlich sehr hilfreich, sich feste Zeiten einzuplanen, in denen man Dinge planen, nachbereiten oder auch einfach mal in Ruhe über ein Kind nachzudenken kann. Auch schriftliche Arbeiten fallen gerne hinten runter und dennoch müssen sie erledigt sein.

Franziska Bercht: Da schließe ich mich Sonja an - die Arbeit ist nicht bis ins letzte Detail planbar, manches ist akut und kann nicht warten. Ein zu starrer Plan ist nicht hilfreich. Insofern habe ich mit einem „Grundgerüst“ gearbeitet, d.h. es gab an festgelegten Tagen verbindliche Angebote, etwa das Sozialkompetenz-Training mit kooperativen Spielen in einer Klasse, ein psychosoziales Beratungsangebot mit/ohne Voranmeldung für Schüler*innen und/oder deren Eltern/Erziehungsberechtigte, hinzu kamen zwischendurch eine Telefonsprechzeit, der tägliche Mailcheck, und Zeit für die Planung und die Dokumentation. In der großen Pause dann ein offenes Angebot, das kann ein Café, ein Ruheraum, o.ä. sein, dann noch Zeiten für Gespräche mit Lehrkräften oder auch geplante Absprachen in größerer Runde, und am Nachmittag ein Kleingruppenangebot, wie etwa Bouldern oder die Kinder- und Jugendfarm zu besuchen.

PAS: Was ist das Besondere an der angebotenen Fortbildung?

Sonja Gebauer: Die Mischung der beiden Formate „Präsenztage“ und „Digitalmodule“ ermöglichen es den Teilnehmer*innen zum einen, sich kennen zu lernen und in Präsenz intensiv in Kontakt zu gehen, zum anderen wird es so eher möglich, auch von weiter her zu kommen und dennoch über einen längeren Zeitraum im Austausch zu bleiben.

Außerdem erleben wir unsere Zusammenarbeit im Tandem als sehr fruchtbar. Wir scheuen keine Diskussion und leben den Teilnehmer*innen auch immer wieder vor, dass es zu bestimmten Themen verschiedene Meinungen geben kann. Die Fortbildung ist sehr praxisnah und es gibt viel Zeit sich auszuprobieren. Immer wieder bauen wir kleine leicht umsetzbare Tools ein, die bereits am nächsten Schultag eingesetzt werden können.

Von unseren Teilnehmer*innen haben wir die Rückmeldung bekommen, dass vor allem die Tage in Präsenz kurzweilig und lebhaft sind und viel Spaß machen.

PAS: Was sollte man mitbringen, wenn man an dieser Fortbildung teilnimmt bzw. für wen genau ist diese Fortbildung gedacht?

Franziska Bercht: Eine Offenheit den eigenen Schulstandort zu erforschen, selbst Methoden auszuprobieren, sowie die Bereitschaft zur Reflexion bezüglich eigener Stärken sind von Vorteil, um sich mit uns auf die Reise zu begeben. Die Vorkenntnisse sind erfahrungsgemäß sehr heterogen – wir freuen uns, wenn diese Vielfalt in unserer Fortbildung einfließt und die Teilnehmer*innen sich so gegenseitig bereichern. Dahinter steht auch die Idee ein überregionales kollegiales Netzwerk zu stärken. Die Fortbildung richtet sich an alle Neu- und Wiedereinsteiger*innen in die Schulsozialarbeit mit geplanter oder bereits begonnener Tätigkeit.

PAS: Was haben Sie an dem Job als Schulsozialarbeiterinnen besonders geliebt?

Sonja Gebauer: Da sind natürlich die Kinder. Diese zu begleiten, ihr Vertrauen geschenkt zu bekommen und einfach mit ihnen zu sein, ist ein ganz großer, toller Bereich. Dann mochte ich die große Gestaltungsfreiheit, die ich in meinem Schulalltag hatte. Und dass die Handlungsfelder so vielfältig waren und ich innerhalb der Felder wirklich Dinge bewegen konnte.

Franziska Bercht: Ganz klar: Die gemeinsame Zeit mit den Kindern, Jugendlichen und deren Eltern, die ich ein Stück ihres Lebenswegs begleiten durfte und mit den vielen Menschen, mit denen ich gut zusammengearbeitet habe. Es ist manchmal sehr berührend Einblick in die Vielfalt der Lebenswelten der Familien zu bekommen.

PAS: Vielen Dank für das Gespräch und die wertvollen Einblicke.

„Zauber des Anfangs?! Keine Zauberei! Fortbildung für Neu- und Quereinsteiger*innen in die Schulsozialarbeit

In dem Seminar lernen Sie vor Ort und online über einen Zeitraum von vier Monaten die wichtigen Essentials der Schulsozialarbeit kennen und vernetzen sich dabei mit anderen Neu- und Quereinsteiger*innen.

Durch die Fortbildung werden zum einen durch Theorie und dem Ausprobieren vieler praktischer Tools Haltungs- und Handlungssicherheit in den verschiedenen Handlungsfeldern entwickelt und das eigene Standing gestärkt. Zum anderen gibt es in der praxisnahen Fortbildung ausreichend Raum für Vernetzung, Diskussion und Austausch zu den Themen, die einem in der ersten Zeit an der Schule begegnen und die unter den Nägeln brennen.

Besonderheit: Die Dozentinnen legen besonderen Wert auf die Verzahnung von angewandter Praxis, theoretischen Impulsen und der Reflexion von Haltungsfragen. Dabei soll über gelebte Methodenvielfalt ein Lernprozess erfahrbar gemacht werden, der die Teilnehmer*innen in ihrer Selbstwirksamkeit stärkt und zur professionellen Vernetzung anregt.

Lernziele: Der Kernauftrag der Jugendhilfe und die (Teil-)aufträge der Schulsozialarbeit wurden aufgezeigt und sind den Teilnehmer*innen bekannt.

Zielgruppen: Für Neu- und Quereinsteiger*innen in die Schulsozialarbeit an allen Schularten. Sowohl für Berufseinsteiger*innen als auch für Berufserfahrene, die Schulsozialarbeit als neues Arbeitsfeld beginnen

Termine / Ort:
9. November, 09:30 - 17:30 & 10. November 2023, 09:00 - 16:30, Tübingen
8. Dezember, 09:30 - 12:00;19. Januar 2024, 14:00 - 16:30; 2. Februar 2024, 09:30 - 12:00; 8. März 2024, 14:00 - 16:30, online

Kontakt und Beratung:
Ina Mohr, Bildungsmanagerin: 01520 857 6959, mohr@akademiesued.org

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