Jürgen Köpfer

Wohnen & Pflege "Im Sonnengarten". Ein Interview mit dem Geschäftsführer Jürgen Köpfer

"Kostenfaktor Oma - wird Pflege unbezahlbar?" hiess es kürzlich in der Talkshow von Günther Jauch. Auf dem ersten Demografiegipfel der Bundesregierung im Oktober diskutierten mehrere Bundesminister mit Vertretern von Ländern und Kommunen, Gewerkschaften, Wirtschaft, Verbänden, Wissenschaftlern und Bürgern die Folgen der alternden Gesellschaft.

Es wurden insgesamt neun Arbeitsgruppen eingesetzt, die Strategien für die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft finden sollen. Im Mai 2013 werden die ersten Ergebnisse präsentiert. Es ist allerhöchste Zeit, denn es wird "zukünftig noch schwieriger sein wird, den Spagat zwischen kostendeckendem Arbeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Zeitressourcen und dem Aufrechterhalten der bisherigen Wohn- und Pflegequalität zu schaffen" sagt Jürgen Köpfer.

Jürgen Köpfer leitet seit vielen Jahren "Im Sonnengarten", eine Einrichtung, in der über 100 Senioren am Rande der Ostalb in der kleinen Gemeinde Tannhausen, nahe der fränkischen Grenze wohnen und betreut werden. Das Alten- und Pflegeheim in Tannhausen wurde wie auch das in Buchen 1970 von der Sonnengarten Stiftung in Tannhausen gegründet.

PAS: Seit wann leiten Sie die Einrichtung und wie viele Bewohner sind im Haus untergebracht?

JK: Ich bin seit bereits 20 Jahren für die Sonnengartenstiftung Tannhausen in wechselnden Positionen tätig. Mein Werdegang innerhalb der Einrichtung begann bereits im Alter von 17 Jahren, als ich nach dem Schulabschluss ein einjähriges Praktikum absolvierte. Viele Jahre später kehrte ich in das Haus  in der  Funktion eines Wohnbereichsleiters zurück und absolvierte nebenher eine Ausbildung zur Pflegedienstleitung, die ich im Anschluss an diese Qualifikation auch übernahm. Vor 8 Jahren übernahm ich die Geschäftsführung und leite seitdem die Einrichtung in Tannhausen, in der derzeit 126 Personen betreut werden können.

PAS: Was zeichnet Ihre beiden Einrichtungen für Seniorenbetreuung im Gegensatz zu anderen Alten- und Pflegeheimen aus?

JK: Neben der ländlichen Lage der Einrichtung mit der wirklich außergewöhnlichen Gestaltung der Außenanlage hat sich die Einrichtung in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf in der Region erarbeitet. Dies liegt sicher nicht zuletzt an der werteorientierten Pflege und Betreuung unserer dementiell erkrankten Bewohner. Wir haben zudem bereits seit vielen Jahren ein Qualitätsmanagementsystem in unserem Haus entwickelt und implementiert, mit dem wir schon seit 2004 zertifiziert sind, also lange bevor QM  verbindlich in allen Heimen geregelt sein musste. Dies unterstreicht unseren eigenen Anspruch an Qualität. Zudem versuchen wir seit Anbeginn der Stiftung unsere Leistungen zu einem bezahlbaren Preis anzubieten, was sich im Vergleich zum Wettbewerb in einem deutlich niedrigeren Pflegesatz niederschlägt.

PAS: Was ist das besondere an der Außenanlage?

JK: Das ungewöhnliche ist sicher die Exklusivität der Anlage, die zum einen sehr schön anzusehen, zum anderen - und das ist mit persönlich noch wichtiger - für unsere Bewohner nutzbar zum Spazieren laufen, Ruhepausen einlegen und in über das gesamte Gelände verteilten Sitzecken einen Plausch untereinander oder mit Angehörigen zu halten ist. 

PAS: Die Zahl der Demenzkranken steigt. Wie wichtig ist, Ihrer Meinung nach, akademisch ausgebildetes Fachpersonal, wie Gerontologen, die sich qualifiziert um Demente kümmern können?

JK: Die Versorgung demenziell erkrankter Menschen stellt eine immer größere Herausforderung zum einen für die Gesellschaft, zum anderen aber auch für das  das Gesundheits- und Sozialwesen dar. Um diesen Herausforderungen zu begegnen halte ich ein Netzwerk aller Berufsgruppen, die an der Erforschung, Entwicklung  und Versorgung von dementiell erkrankten Personen beteiligt sind für essentiell. Hierbei spielen für mich akademische Vertreter wie Gerontologen u.a. eine wichtige Rolle, aber auch gerontospsychiatrisch ausgebildetes Pflege- und Betreuungspersonal. Letztendlich muss das Thema der Versorgung Demenzerkrankter von allen Berufsgruppen professionell bearbeitet werden. Hier spielt auch die Hauswirtschaft, insbesondere die Küche, aber auch der Reinigungsdienst eine große Rolle. Eine besondere Bedeutung hat meiner Meinung nach der Sozial- und Betreuungsdienst, da die persönliche Zuwendung unter Berücksichtigung individueller Ressourcen praktische Lebensqualität für die Betroffenen bedeutet.

PAS: Ist Fachkräftemangel bei Ihnen ein Thema? Und wenn ja, wie begegnen Sie diesem?

JK: Gott sei Dank müssen wir uns derzeit noch nicht um eine ausreichende Fachkräfteausstattung sorgen. Dies hat vielschichtige Gründe, zum einen spielt sicher die ländliche Lage und die damit verbundene Mentalität der Mitarbeiter eine Rolle und dies ist absolut positiv gemeint.  Wir sind froh, dass sich die Mitarbeiter mit der Einrichtung eng verbunden fühlen und wir somit eine marginale Fluktuationsrate haben. Außerdem investieren wir viel Zeit und Geld und bilden im Regelfall immer 3 Auszubildende pro Lehrjahr aus. Dies hat sich über viele Jahre bewährt und sichert so unsere eigene Fachkraftquote. Allerdings müssen wir einen hohen Aufwand in Form von Schulkooperationen und ähnlichem betreiben, um eine ausreichende Anzahl guter Bewerbungen zu erhalten. Wir erwarten in Zukunft einen großen Wettbewerb um gute und geeignete Fachkräfte und versuchen uns in diesem Wettbewerb als ein attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, der neben der adäquaten Bezahlung seiner Mitarbeiter zusätzliche Angebote bietet.

PAS: Was für zusätzliche Angebote bieten Sie?

JK: Bezüglich der Mitarbeiter bieten wir neben tariflichen Löhnen, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld sowie betrieblicher Altersversorgung ganz individuelle Arbeitszeitmodelle. Ich habe so gegen 30 - 40 verschiedene Dienstzeiten hier, um wirklich jedem Mitarbeiter ganz individuelle Modelle vorschlagen zu können. Wir bieten Kurse wie Rückenschule und Kochkurse sowie vielfältigste Fort- und Weiterbildungsangebote. Fortbildungen sind natürlich alle Arbeitszeit und werden als Überstunden zum Abbauen zurückgegeben. Viele kleine Puzzlestücke fügen sich so zu einem mitarbeiterfreundlichen Bild zusammen. Der Satz: „Unsere Mitarbeiter sind das beste Kapital“ bedeutet für mich kein Lippenbekenntnis sondern verstehe ich als meine tägliche Verantwortung.

PAS: Arbeiten Sie mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammen? Wenn ja warum, wenn nein, warum nicht?

JK: Ehrenamtliche Mitarbeiter sind ein wertvolle Ergänzung und Unterstützung unserer täglichen Arbeit. Ohne sie könnten viele Dinge nicht in der Bandbreite und Qualität angeboten werden, wie wir das heute können. Ob Lesestunden, Spaziergänge, Gestaltung von Festen, Besuchsdienste oder Mitarbeit in der Cafeteria des Hauses, es ist immer wieder erstaunlich, mit welchem Engagement und Eifer zum Wohle unserer Bewohner neue Ideen entwickelt und umgesetzt werden. Ganz besonders möchte ich auch die Zusammenarbeit mit dem örtlichen Hospizdienst erwähnen, die uns bei der Begleitung Sterbender in der letzten Lebensphase aktiv und mit viel Herz unterstützen.

PAS: Welches sind die größten Herausforderungen in Ihrer Arbeit und wie planen Sie diese zu meistern?

JK: Da der Platz begrenzt ist möchte ich meine Antwort auf die Betrachtung eines einzigen Aspektes reduzieren: Ich denke dass es zukünftig noch schwieriger sein wird, den Spagat zwischen kostendeckendem Arbeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Zeitressourcen und dem Aufrechterhalten der bisherigen Wohn- und Pflegequalität zu schaffen. Leider hat es die Pflege in den letzten Jahren versäumt, sich hier auf politischer und Verbandsebene eindeutig zu positionieren und deutlich zu machen, dass Grenzen bereits weit überschritten wurden. Hier sehe ich die Notwendigkeit eines Schulterschlusses aller Beteiligten über sämtliche Träger- und Verbandsebenen hinaus mit der Politik um die Interessen als Anbieter aber auch die der „Verbraucher“ zu einem Konsens zu bringen, der beide Seiten noch leben lässt.

Die Paritätische Akademie Süd bietet in 2013 folgende Fort- und Weiterbildungsangebote, die auf unterschiedliche Weise den Bereich Altenhilfe und Pflege und die damit verbundenen Themen behandelt:

  • <link bildungsangebote detail seminar blocked::http: www.akademiesued.org>Management für Gesundheits- und Pflegeberufe (B.A.)
    Infoveranstaltung: 13.12.2012 , 16 Uhr, Hochschule Neu-Ulm. Nähere Infos finden Sie <link service meldung artikel infoveranstaltung-zu-management-fuer-gesundheits-und-pflegeberufe-ba-1.html blocked::http: www.akademiesued.org>hier. Start: 5.03.2013
  •  Kontaktstudium <link bildungsangebote detail seminar>„ Angewandte Gerontologie“
    Start: November 2013, Mannheim
  •  <link bildungsangebote detail seminar>Demenz – die Auswirkungen des diskutierten neuen Pflegebegriffes für die Anbieter ambulanter und stationärer Einrichtungen
    28.02. + 1.03.2013, Nürnberg
  •  <link bildungsangebote detail seminar>Umgang mit der elektronischen Pflegeprozessdokumentation in der Altenpflege
    7.03.2013, Heidelberg
  •  <link bildungsangebote detail seminar>Demografiebewusste Personalpolitik – Den Wandel aktiv fördern
    5. + 6.03. (Modul 1), 11. + 12.06.2013 (Modul 2)
  •  <link bildungsangebote detail seminar>Auswirkungen der Rechtsprechung und Gesetzesentwicklung auf Investionskosten-/Pflegesatzverhandlungen
    12.06.2013, Frankfurt a. M.
  • <link bildungsangebote detail seminar>Managementbewertung und interne Audits als Führungsinstrumente – Instrumente des QM-Systems konsequent nutzen
    2.07.2013, Frankfurt a. M.

 

 

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