Christof Düro

Kreativ und spielerisch im Umgang mit Demenz

Mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in helfenden Berufen. Als Arzt oder Ärztin, als Pflegekräfte, als Therapeut/-innen und Berater/-innen kommen viele von ihnen auch mit Demenzkranken in Kontakt. In einem Interview erklärt der Schauspieler und Coach Christof Düro was hinter dem Seminar „Kreativ und spielerisch im Umgang mit Demenz“ steckt. Ein Angebot für hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen aus dem ambulanten Pflegebereich. Verbesserte Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe versprach der Gesundheitsminister Hermann Gröhe auf dem ersten Deutschen Pflegetag, der im Januar 2014 in Berlin stattfand.

Bis zu 1,4 Millionen Menschen sind heute in Deutschland an Demenz erkrankt, bis zum Jahr 2013 könnte sich die Zahl auf 2,2 Millionen erhöhen. Ihre Versorgung stellt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, beruflicher Mobilität und einer steigenden Zahl von Single-Haushalten eine große Herausforderung für das Gesundheits- und Sozialwesen dar. Auf dem ersten Deutschen Pflegetag, der im Januar in Berlin stattfand, erklärt der Vorstandsvorsitzende der AOK, Jürgen Graalmann: "Wir haben faktisch und tatsächlich bereits das Zeitalter der Pflege erreicht. Das hat längst begonnen".

Die Erwartung an die Bundesregierung sind hoch seitens der Betroffenen, der Pflegekräfte, der Krankenkassen, des Deutschen Pflegerats, Initiator des Deutschen Pflegetages 2014 zusammen mit den Partnern AOK-Bundesverband, GKV-Spitzenverband, Deutscher Städte- und Gemeindebund und Springer Medizin. Mitglieder der Aktionsgruppe „Pflege am Boden“ riefen dem Gesundheitsminister zu: "Auch Pflegekräfte müssen gesund bleiben. 20 Prozent mehr Pflegepersonal. Pflege lebt vom Handeln."

In seiner Eröffnungsrede verspricht der CDU Politker Verbesserung in der Pflege in Form von höheren Leitungen und mehr Betreuungskräften. "Diese Koalition will Pflegebedürftigkeit besser anerkennen und den besonderen Hilfebedarf von Menschen mit Demenz, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen angemessener als in der Vergangenheit berücksichtigen." Man kann nur hoffen, dass dies keine leere Versprechung bleibt und die notwendigen Reformschritte zügig umgesetzt werden.

Interview mit Christof Düro

PAS: Wie kamen Sie als Schauspieler auf die Idee das Seminar „Kreativ und spielerisch im Umgang mit Demenz“ zu entwickeln und anzubieten?

CD: Frau Winkler und Frau Neumann von der Alzheimer Gesellschaft Brandenburg kannten meine Arbeit in der Improvisation und der Arbeit in der Unternehmensberatung auf dem Gebiet der Kommunikation und hatten ganz spontan mal überlegt ein solches Seminar für die Hilfskräfte (Haupt- wie nebenberuflich) zu entwickeln. So kam ich dazu und habe Seminare bei Naomi Feil besucht und ein Konzept entwickelt, wo ich spielerisch in die Kommunikationswelt der dementiell veränderten Menschen einzutauchen versuche.

PAS: Warum  ist die eigene Wahrnehmung und Kommunikationsfähigkeit bei der Arbeit bzw. im Umgang mit Demenzkranken so wichtig?

CD: Wenn ich in die Welt der dementiell veränderten Menschen eintauchen will (was ja eigentlich nicht geht) muss ich lernen, was ich in bestimmten Momenten selbst spüre und wie ich selbst kommuniziere. Ein Beispiel: Dementiell veränderte Menschen benötigen 3-4 Minuten um das Gegenüber zu erkennen. Ich mache Übungen, bei denen sich 'gesunde' Menschen 3-4 Minuten in die Augen schauen um zu erleben wie anstrengend das überhaupt ist.

PAS: Mit Demenzkranken kommt es immer wieder zu unvorhergesehen Situationen. In Ihrem Seminar lernt man kreative Ideen und Lösungen zu finden. Können Sie ein Beispiel nennen, wie man in einer bestimmten Situation mit einem Demenzkranken gewöhnlich reagiert und wie man möglicher Weise nach dem Besuch Ihres Seminar reagieren würden?

CD: Ich hatte ein Beispiel, da musste eine Helferin einmal in der Woche morgens in einer Gruppe dementiell veränderter Menschen die Zeitung vorlesen. Zwei ältere Damen in der Gruppe haben immer nur gemeckert und alle anderen gestört.. Wir haben das dann improvisiert und kamen dann auf die Idee, dass alle erst einmal alle 10 Minuten meckern dürfen und dann erst vorgelesen wird. Die Frauen, die die beiden älteren Damen gespielt hatten, berichteten dann, dass sie sich Ihrer Kompetenz beraubt fühlten und gar keine Lust mehr hatten zu meckern.

Ich bat die Helferin, dass doch bei der nächsten Leserunde einmal zu versuchen und sie hat mir berichtet, dass die beiden Damen tatsächlich nicht mehr gemeckert hatten und sie konnte nun vorlesen, allerdings wollte niemand Zeitungsgeschichte hören, sondern sie liest jetzt Märchen vor. Es geht mir darum, den Helferinnen zu ermöglichen paradox und 'verrückt' reagieren zu können. Das kann manchmal sehr helfen.

PAS: Sie lassen in dem Seminar die Situationen szenisch nachspielen. Warum ist das wichtig?

CD: Das Spiel macht das erlebte dreidimensional. Wenn man drüber redet, erlebt man die Dinge nur in zwei Dimensionen. Beim Spielen spürt man wie es sich anfühlt, wenn man angefasst, angeschrien oder gestreichelt wird. Es geht um das direkte erleben des Konfliktes. So kann man Lösungen plastisch erlebbar machen.

PAS: Ein weiteres Thema, das Sie in diesem Seminar behandeln ist das Erlernen von Entspannungstechniken. Was genau kann man ich darunter vorstellen?

CD: Einfache Traumreisen und sich auf sich lebst besinnen. Ich mag das Prinzip der Achtsamkeit. Sich im Jetzt verankern und nicht nach vorne oder nach hinten denken. Wenn ich achtsam für meine eigenen Bedürfnisse bin, bin ich es auch für die Bedürfnisse anderer. Das sind ganz einfache Übungen, die man auch alleine machen kann.

PAS: Immer mehr Menschen haben mit Demenzkranken zu tun, beruflich oder privat. Der Umgang mit ihnen kann für Angehörige und Helfer/-innen schwierig und frustrierend sein. Haben Sie abschließend einen Tipp/Rat?

CD: Ich empfehle immer gerne Naomi Feil - die Validation ansonsten sind die Begegnungen mit dementiell veränderten Menschen immer neu und anders. Da gibt es leider keine Rezepte. Ich ermutige gerne zum Konflikt und gegen die Schonung. Aber mehr weiß ich auch nach all den Jahren nicht. Vor allen Dingen braucht es Kraft und Lust darauf, sich jeden Tag dieser Arbeit zu stellen.

PAS Seminare zum Bereich "Altenhilfe und Pflege":

Kreativ und spielerisch im Umgang mit Demenz
13.03.2014, Stuttgart, Dozent: Christof Düro

Qualifizierung WG-Moderator/-in – Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Wohn-Pflegegruppen-Aufbau
18./19.03., 29./30.04., 26./27.05., 26./27.06.2014, Heidelberg, Dozentinnen: Jutta Burgholte-Niemitz, Michaela Stollreiter

Kollegiale Beratung für Pflegekräfte
02.04., 04.06., 23.07., 17.09., 12.11.2014, Dozent: Gerhard Tschöpe

Qualifikation Pflegeberater/-in nach § 45 SGB XI nach dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PWG)
30.06. – 02.07.2014, Heidelberg, Dozentin: Antje Bredereck

 

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